Michael Lüders’ phantastische Erzählungen am Schweizer Radio

Des Superexperten berufliche Aktivitäten «umfassen Romane und Sachbücher, Journalismus und Nahostberatung». Denn, so frohlockt Michael Lüders auf seiner Webseite: «Die verschiedenen Bereiche sind miteinander verbunden, wie Sie bei der Lektüre feststellen werden. Und die jeweiligen Verbindungen führen zu immer neuen Anstößen, vor allem in der Nahostberatung.»

Lüders phantastische Erzählungen, in denen Märchenhaftes und Reales, Dämonie und Psychologie eine einzigartige Verbindung eingehen, haben seine Beliebtheit bei Moderatoren begründet, ähnlich wie schon Erich von Däniken.

Obama_NetanjahuZu Obamas Reise nach Israel und Westbank hat denn auch Susanne Brunner vom zwangsgebührenfinanzierten Staatsfunk den Iran-Apologeten Michael Lüders zum «Tagesgespräch» eingeladen. Dort reproduzierte er wie ein drittklassiger Maler auf dem Montmartre zum x-ten Mal sein Lieblingsbild: Der Schwanz Israel wedelt mit dem Hund USA, und dass «es den USA nicht gelingt, ihren engsten Verbündeten unter Kontrolle zu bringen, was auch für die USA gravierende Konsequenzen hat.» Dieses verschwörungstheoretische Sinnbild, dass Israel der Weltmacht USA seinen Willen aufzuzwingen vermag, leuchtet dem Antizionisten ebenso ein, wie dem Antisemiten die Metapher vom Juden, der die Medien, die Banken und überhaupt die ganze Welt kontrolliert.

Auch in der Phantasiewelt des Michael Lüders ziehen Israel-Lobbyisten im Verborgenen die Strippen. Eine klassische Projektion: Denn Michael Lüders vermischt nicht nur Fakten und Fiktion, sondern auch Journalismus mit Lobbyismus – allerdings ganz transparent. Auf seiner Webseite bietet er sich als Vermittler an für «Firmen aus dem deutschsprachigen Raum, die sich im Nahen und Mittleren Osten engagieren oder bestehende Geschäftsfelder erweitern möchten». Denn er weiss: «Es ist nicht immer einfach, in der Region Fuß zu fassen. Persönliche Kontakte und kulturelles Know-how sind entscheidend, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern zu bestehen. Diesen Vorteil garantiert Ihnen die Nahostberatung von Michael Lüders.»

Israel-Lobby? Nein, Iran-Lobby!

Diese themenbezogene Interessenbindung ihres Interviewpartners unterschlägt die SRF-Moderatorin Susanne Brunner den Hörern allerdings und hält dem Iran-Lüders_Foto_SFLobbyisten während 25 Minuten die Steigbügel hin.

In trauter Selbstgefälligkeit waren sich Brunner und Lüders einig: Ausgerechnet Obama, der einer Bevölkerungsgruppe angehört, die unterdrückt wurde, mit einer Ehefrau, die von Sklaven abstammt, enttäusche die Palästinenser. Auch die Afroamerikaner also haben nichts aus ihrer Vergangenheit gelernt – die Sklaverei und den Rassismus nicht als Erziehungs- und Besserungsmassnahme begriffen.

Da der erste afroamerikanische Präsident aber eh nur der Hund ist, mit dem der Schwanz Israel-Lobby wedelt, wurde ihm verziehen.

Das Problem der Radiomoderatorin Susanne Brunner und ihrem Interviewpartner Michael Lüders ist, dass sie lieber Märchen erzählen, statt sich in einer rationalen Analyse zu versuchen. Dafür müsste man sich allerdings auch ein wenig auskennen. Aber Ressentiments zu schüren ist allemal einfacher.

Das Interview (zu hören: SF-Radio):

Susanne Brunner (S. B.) und Michael Lüders (M. L.)

1. S. B.: Michael Lüders, in Berlin, als Obama US-Präsident wurde, hofften viele, er würde viel bewegen, gerade auch im Nahen Osten. Sie auch?

1.1. M. L.: Die Hoffnungen waren in der Tat gross. Auch ich hatte gehofft, dass er etwas bewegen würde, vor allem nach der Rede, die er in Kairo gehalten hat 2009, wo er sich direkt an die arabische Welt, an die arabische Jugend gewandt hat, in der Erwartung ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen den USA und der islamischen Welt aufzuschlagen. Aber man muss leider sagen, dass der Rhetorik nicht wirklich eine Realpolitik gefolgt wäre, die eine neue Bestimmung in der amerikanischen Politik erkennen lassen würde. Eine neue Bestimmung, die daran bestehen könnte neutraler Vermittler zu sein, etwa im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, aber auch eine differenzierendere Wahrnehmung im Konflikt mit dem Iran. Jenseits von Verlautbarungen hat sich die amerikanische Politik auf diesem Gebiet nicht wirklich verändert.

2. S. B. Erst gestern in Israel hat er sich an die israelische Jugend gewandt, oder der Jugend in Israel, haben Sie, Michael Lüders, etwas Konkretes gehört?

2.1. M. L. Nein, konkret war diese Rede nicht. Sie war im Grunde genommen, der Versuch an die Rede von Kairo 2009 anzuknüpfen, dieses Mal mit einer anderen Zielgruppe. Bemerkenswert ist natürlich, dass Obama nicht, wie es die israelische Regierung gehofft hatte, vor dem israelischem Parlament, der Knesset eine Rede hielt, das hat er bewusst nicht getan. Das war, wenn man so will, eine symbolische Abgrenzung von der Politik Netanyahus. Er hat sich an die israelische Jugend gewendet, so wie er sich zuvor an die arabische Jugend gewendet hatte, und hat im Grunde genommen Dinge vor sich gegeben, die nicht sonderlich erkenntnisfördernd sind. Beispielweise, dass Frieden besser sei als der Krieg, und dass Israel, dass die israelische Bevölkerung auf Dauer nicht über ein anderes Volk herrschen könne, aber immerhin, das war der am meisten kritisch zu nennende Ansatz in seinen Ausführungen in Israel, ansonsten ist er ganz einer Dramaturgie verpflichtet geblieben, die darauf ausgerichtet war, keine neuen Impulse zu setzen und vor allem nicht die engen Beziehungen zu Israel in irgendeiner Weise in Frage zu stellen oder nur den Ansatz einer Kritik zu riskieren, die man in Israel als brüskierend hätte erkennen können. Klar, Obama und mit ihm die amerikanische Führung ist nicht glücklich über die israelische Politik, aber es gibt keinerlei Bereitschaft in Washington auch nur entfernt Druck auszuüben, auf die israelische Regierung, dass sie hier nun eine andere Politik betriebt, vor allem gegenüber den Palästinensern, denn die Siedlungspolitik macht natürlich jede Gründung eines palästinensischen Staates im Westjordanland völlig illusorisch. Das weiss auch Obama, aber dieses Problem grenzt er aus, indem er sich philosophisch äussert und darauf verweist, dass eine jüdische Bevölkerungsminderheit nicht auf Dauer über eine palästinensische Bevölkerungsmehrheit herrschen kann. Das ist richtig beobachtet aber es reicht in der Politik nicht einfach nur zu beobachten, man muss dann auch gegebenenfalls politische Ziele sich setzen und auch ein Fahrplan benennen für den Fall das eben nichts passiert. Das geschieht auch gegenüber der arabischen Welt etwa… unter Sanktionsandrohungen.

3. S. B. Genauso, jetzt könnte man eigentlich sagen, eben, es ist nicht erstaunlich, dass ausgerechnet ein solcher Präsident auf den so viele Hoffnungen fokussiert waren, der selber aus einer Bevölkerungsgruppe kommt die unterdrückt war, lange Zeit auch in den USA – seine Frau, die von Sklaven abstammt – ausgerechnet ein solcher Präsident, der erste afroamerikanische Präsident der USA, kommt mit absolut leeren Händen nach Israel, nachdem er doch eigentlich eine vielversprechende Rede hielt in Kairo, die er als neuen Anfang der Beziehungen gerade auf zu arabischen Welt bezeichnete.

3.1. M. L. Ja, das ist eine ganz entscheidende Frage, die Sie da stellen, und aus genau diesem Grund, dem Hintergrund nämlich von Barack Obama, der aufgrund seiner eigenen Biographie und der seiner Frau eigentlich wissen müsste, was es bedeutet unter Bedingungen von Unterdrückung zu leben, von ihm hätte man sich mehr erwartet, als etwa von seinem Vorgänger G. W. Bush, von dem man ungefähr wusste, wo er stand, aber er nun ist ja eine Symbol-Figur, «Yes, we can», und das hat man auch in der arabischen Welt gehofft und deswegen ist die Enttäuschung über Obama so unendlich gross, in der arabischen Welt und auch unter den Palästinensern. Um das zu verstehen, muss man sich vor den Augen führen, dass in der amerikanischen Innenpolitik der Einfluss einer pro-israelischen Lobby nicht zu unterschätzen ist. Diese pro-israelische Lobby gehört zu den wichtigsten Machtfaktoren in Washington. Darüber hinaus gibt es einen sehr einflussreichen christlichen Fundamentalismus, der vor allem in der Partei der Republikaner seinen Niederschlag findet und diese christlichen Fundamentalisten sehen Israel als ein Land indem der Messias einst wiederkommen würde, und die Palästinensern haben aus dieser Perspektive hier nichts verloren. Sie stören nur auf dem Weg des Wiedererscheinens von Jesus Christus. Das alles ist sehr irrational, aber wenn man sich vor den Augen führt, dass rund 70 % den Kongressabgeordneten in den USA die Politik jeder israelischen Regierung für gut und richtig befinden, dann kann man sich ungefähr vorstellen, dass das schwierig ist für Obama hier ein Spielraum für Manöver zu finden. Die Öffentlichkeit in den USA ist sehr zu Gunsten Israels orientiert und da hat ein Ansatz, ein politischer Ansatz, der in Richtung Palästinenser sich orientiert oder in Richtung der arabischen Welt, gegenüber dem Iran gar, sehr schwierige Voraussetzungen. Es gibt sozusagen kein Gleichgewicht in der öffentlichen Wahrnehmung in den USA, was Israel und was Palästinensern betrifft.

4. S. B.: Das hat gestern Barack Obama auch in seiner Rede gesagt, er hat das zu Kenntnis genommen, er hat gesagt, und wir hören das gleich «am einfachste wäre es, Israel bedingungslose Unterstützung zuzusichern und nichts zu machen.» Wir hören es, was er in Jerusalem gesagt hat… [Einspielung Obama] Er spricht also die Jugend an, sagt also eigentlich, das einfachste wäre überhaupt nichts zu tun, einfach zu sagen, er respektive die USA unterstützten Israel bedingungslos, aber er komme als Freund und müsse ihnen eigentlich die Wahrheit sagen und da gebe es Dinge, die man machen müsse, er wolle ja etwas machen. Nur Michael Lüders, nach allem was Sie alles gesagt haben, mit diesem Druck auch aus der Öffentlichkeit kann man sagen, ich meine, meint er das noch ernst?

4.1. M. L.: Möglicherweise ist er selber subjektiv davon überzeugt, dass man über Appelle an die israelische Jugend ein Gesinnungswandel herbeiführen könnte. Es gibt ja im politischem Diskurs, wenn ich es so sagen darf, der westlichen Öffentlichkeit die Vorstellung, man könne den beiden Konfliktparteien, Israelis und Palästinensern ein Frieden nicht aufzwingen, er müsse viel mehr von beiden Seiten gewollt und getragen sein. Das ist eine Linie, die auch in Israel natürlich sehr populär ist, weil sie im Grunde genommen ausschliesst Druck auszuüben auf Israel, aber es wird wahrscheinlich mittelfristig nicht gehen ohne Druck. Es ist, wenn wir Klartext reden, völlig klar, dass die gegenwärtige ultranationalistische Regierung in Israel nicht entfernt daran denkt, die Gründung eines palästinensischen Staates im Westjordanland – in Verbindung mit dem Gazastreifen, geschweige denn mit Ostjerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates – zuzulassen. Alles was wir von Seiten Israels erlebt haben in den vergangenen Jahren, auch noch erleben werden in der Zukunft, ist ein Spielen auf Zeit. Man bemüht auf der Ebene von Rhetorik, einen längst nicht mehr existenten Friedensprozess an den man angeblich festhalte um in Wirklichkeit eine Siedlung nach der Anderen zu bauen. Ich war selber vor Kurzem erst in Westjordanland. Wenn man mit dem Bus, oder mit dem Taxi, mit dem Auto von Jerusalem nach Hebron fährt, dann wird man auf dieser Fahrt, die etwa eine Stunde dauert, nicht einen einzigen Hügel entdecken im Westjordanland, also im palästinensischen Teil, dieser von Israel besetzten Gebiete, wo es nicht eine israelische Siedlung, einen israelischen Vorposten oder einen israelischen Checkpoint oder einen israelischen Militärstützpunkt gibt. Es ist im Grunde genommen kein Land mehr da für die Palästinenser; das weiss jeder, der es wissen will, aber in der westlichen Politik gilt es als unhöflich oder als nicht opportun, diese Wahrheit auszusprechen und die Ultrarechten in Israel gingen so weit zu sagen: «Warum? Wir tun nichts Unrechtmässiges? Das Westjordanland, dass biblische Judäa unserer Maria ist doch Teil unseres Landes Israels und insofern haben wir das Recht dort zu leben.» Das ist doch etwas die Haltung von Benet, dem neuen Shooting Star der israelischen Politik, der Rechtsaussen angesiedelt ist und ganz klar sagt, das alles ist Israel, wir tun nichts Illegitimes. Nur die Frage bleibt bestehen, wie will man auf Dauer, als jüdische Bevölkerungsminderheit zwischen Mittelmehr und Jordanfluss über die palästinensische Bevölkerungsmehrheit herrschen. Das kann man nur, indem man ihnen die entsprechenden Bürgerrechte vorenthält.

5. S. B. Genau und darauf möchte ich noch zurückkommen. Was Sie ansprechen ist jetzt eigentlich in der Rede von gestern hat Barack Obama eigentlich nichts Genaues gesagt, eigentlich keine Forderungen wirklich aufgestellt, gesagt, ja, der Frieden ist der beste Weg aber blenden wir zurück nach Kairo 2009 – damals hat er klipp und klar einen Siedlungsstopp gefordert. [Einspielung Obama] Es ist Zeit, dass dieser Siedlungsbau aufhört, hat er damals gesagt vor der arabischen Jugend. Vier Jahre sind vergangen, sind das jetzt verlorene Jahre weil wie sie es gesagt haben, jetzt ist es zu spät. Jetzt kann man diesen Staat nicht mehr machen. Der Siedlungsbau ist weitergegangen und der mächtigste Mann der Welt, der war unmächtig etwas zu machen?

5.1 M. L. Ich würde nicht sagen, dass er so unmächtig war. Er hat natürlich die Kräfteverhältnisse in seinem eigenen Land realistisch eingeschätzt. Es gibt Leute, die sagen, nun Barack Obama könne jetzt mehr Druck auf Israel ausüben, weil er nicht vor dem Problem steht, wiedergewählt werden zu müssen, aber er ist natürlich nicht allein im politischen Establishment Washingtons. Er muss Rücksicht nehmen auf seine Partei, die Demokraten in denen es ebenfalls wie bei den Republikanern sehr viel Sympathie gibt für israelische Politik und er weiss, dass es ihm seine eigene Partei übel nehmen wurde, wenn er den Bogen überspannen wurde.

6. S. B.: Also einfach Realismus in dem Sinne. Man kann einfach sagen, er sagt realistischer Weise, also ich kann zu Hause eigentlich nichts machen, weil die Kräfteverhältnisse so sind und sowieso dieser Konflikt zwischen Palästinensern und Israeli, der dauert schon so lange, da kann man eigentlich eher nichts machen. Alle Friedensprozesse sind ja gescheitert.

6.1. M. L.: Alle Friedensprozesse sind gescheitert, weil die USA nicht willens waren auf ihren engsten Verbündeten den entsprechenden Einfluss auszuüben, was man hätte tun können. Es ist dieser Nahöstlicher Konflikt, aus amerikanischer Sicht ein grosses Problem, weil die innenpolitische Verhältnisse in den USA so sind, wie sie sind. Die Palästinenser, die Araber, die Muslime allgemein haben einen sehr schlechten Leumund in den USA. Innenpolitisch kann ein amerikanischer Präsident, kann generell ein amerikanischer Politiker, nichts gewinnen, wenn er sich für palästinensische, arabische, islamische Interessen einsetzt. Das würde ihm gewissermassen als ein Verrat amerikanischer Interessen ausgelegt werden. Insofern ist der Raum für Bewegungsfreiheit seitens der amerikanischen Politik begrenzt, was wirklich absurd ist, denn die USA sind natürlich eine Weltmacht und Israel ist ein Staat von der Grösse des deutschen Bundeslandes Hessen. Es ist in der Tat so, dass in diesem Fall der Schwanz mit dem Hund wedelt und es den USA nicht gelingt ihren engsten Verbündeten unter Kontrolle zu bringen, was auch für die USA gravierende Konsequenzen hat, den die Unzufriedenheit gegenüber der amerikanischen Regierung wächst. Gleichzeitig ist in der arabischen Nachbarschaft ein völlig neues politisches Klima entstanden. Die arabische Revolution hat neue Realitäten geschaffen, die Islamisten sind stark geworden, der Konflikt mit dem Iran steht in dem Raum. Wenn man diesen Kernkonflikt des Nahen Ostens, den zwischen Israel und den Palästinensern nicht löst, wird das auch Auswirkungen haben auf die anderen Konflikte und die Tragik dabei ist, dass im Grunde genommen jeder weiss, wie dieser Konflikt zu lösen ist, es gab ja auch schon immer wieder den Punkt, wo man fast zu einer Lösung gekommen wäre, aber im letzten Moment gab es dann Rückzieher. Es muss einen palästinensischen Staat geben im Westjordanland, im Gazastreifen mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Das alles ist machbar, aber mittlerweile ist der Einfluss der Siedler, der Lobby in Israel so immens gewachsen, dass keine Regierung in Israel ohne weiteres in der Lage sein dürfte, diese Siedler-Lobby auszubremsen. Würde eine israelische Regierung auf die Idee kommen, Siedlungen auflösen zu wollen, oder sogar Siedlungsblöcke, dann gibt es nicht wenige Beobachter, die sagen, dass dann, zu mindestens die Teile der israelischen Armee, die Gefolgschaft verweigern könnte und sich auf der Seite der Siedler stellen Es ist ein ganz, ganz grosses Problem. Die Siedler haben sich hineingefressen, in die israelische Gesellschaft, die sind immens einflussreich und der generelle politische Trend in Israel selbst, orientiert sich immer mehr Richtung Ultranationalismus. Jitzchak Rabin war der einzige israelische Premierminister, der wirklich bemüht war, ein Friedensschluss mit den Palästinensern herbeizuführen. Er würde 1995 ermordet von einem israelischen Rechtsextremisten und seitdem hat sich die israelische Politik gedreht. Nach der Intifada war man der Meinung in Israel, dass die Palästinenser, die Araber den Frieden nicht wollen. In Israel hat sich eine Dankweise durchgesetzt, die auf Härte setzt, wenn wir den Arabern gegenüber nachgeben, dann zeigen wir Schwäche, das wird man uns gegenüber ausnützen und die Hamas ihrerseits ist auch nicht gerade eine Bewegung, die nun Sympathieträger enthalten würde. Kurzum, es ist eine sehr verfahrene Situation. Hier müsste man einwirken, das geschieht aber nicht. Stattdessen konzentriert man sich auf andere Konflikte und lagert erstmals diesen Konflikt erst ein Mal aus. Man konzentriert sich auf den Konflikt in Syrien, auf den Konflikt mit dem Iran – das sind Konflikte den nächsten Monate, den nächsten ein bis zwei Jahren – und hier braucht es eine enge Abstimmung zwischen den USA und Israel aus der Sicht des amerikanischen Präsidenten.

7. S. B.: Sie haben es angesprochen Herr Lüders als, das Umfeld ist ganz anderes, wenn man vergleicht in der Zeit, als Obama Präsident wurde und gleichzeitig hat gestern Barack Obama gesagt zu den Leuten, ich komme als Freund und gute Freunde sagen einander die Wahrheit. Könnte man denn sagen, dass indem die USA nie Druck ausgeübt haben, z. Bsp. den Siedlungsbau wirklich zu stoppen, zu sanktionieren, z. Bsp., dass sie Israel vielleicht auch gar keinen Dienst getan haben, weil schlussendlich kann man ja nur sagen, die Zukunft Israels in einer feindlichen Umgebung mit diesem Konflikt und dann herrschen zu müssen über 2,5 Millionen Palästinenser, die hasserfühlt sind. Das ist wahrlich auch keine Zukunft?

7.1. M. L.: Das ist ganz entscheidender Punkt, den Sie da ansprechen, denn selbst wenn man jetzt der Meinung wäre, dass die israelische Politik die richtige sei, muss man ja doch in seinen eigenen Überlegungen einbeziehen, dass sich Israel immer mehr isoliert in der Region und auch in Europa, weniger in den USA, aber in Europa ganz deutlich schwindet der Rückhalt für die israelische Politik. In Deutschland beispielsweise, in Berlin, würde ein ranghoher Politiker nicht öffentlich Israel kritisieren, aber wenn man mit Politikern in Berlin hinter verschlossenen Türen redet, egal von welcher Partei – mit der Ausnahme vielleicht den Grünen – dann hört man sehr kritische Töne gegenüber Israel. Wie gesagt, das würde niemand öffentlich sagen, dass gilt nicht als opportun in Deutschland aber nichtsdestotrotz, die Politiker sind ja nicht dumm, sie erkennen was hier passiert, wie Israel sich über internationales Recht hinwegsetzt, wie Realitäten geschaffen werden, die den Palästinensern nichts mehr an Perspektive lässt. Die werden ja sich nicht in Luft auflösen oder per Osmose irgendwie in andere Länder verflüchtigen. Das alles ist nicht da und das Interessante ist, wenn man mit israelischen Ultrarechten diskutiert, wie sie sich eine Lösung der Palästina-Frage vorstellen, dann bekommt man keine konkreten Antworten. Es geht dann vielleicht noch in Richtung, na, ja, dann sollen sie nach Jordanien gehen, aber viel mehr kommt da nicht. Und in Prinzip läuft die israelische Politik darauf hinaus, dass man die Palästinenser in Bevölkerungszentren, wie Nablus oder Ramallah konzentrieren will, da könnte die dann ihre eigene Mühlabfuhr gerne selber organisieren, den Rest machen aber die Israelis. Das Konzept wird aber nicht funktionieren. Israel wird sich international immer mehr isolieren und immer einsamer dastehen in der internationalen Politik. Das kann sich Israel aber eigentlich nicht erlauben und Weltpolitik verändert sich. Die uneingeschränkte Unterstützung der USA, die erklärt warum und weshalb Israel seine Politik der Unergiebigkeit verfolgen kann, wird ja nicht ewig so bleiben. Es treten andere Akteure in der Region. Die USA sind mittelfristig dabei sich politisch ein bisschen zurückzuziehen aus den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Es treten andere Akteure auf, China, Russland, Indien, die allesamt nicht mit einer israelischen Lobby sich auseinander zu setzen haben in den jeweiligen Ländern und die ihre eigenen Interessen verfolgen, in denen Israel nur eine untergeordnete Rolle spielt. Kurzum: Wenn Israel nicht sich bewegt, dann werden Faktoren geschaffen werden, neuer Art mit unerfreulichen Regimes in der Nachbarschaft, die dann für Israel in der Tat dann bedrohlich werden könnten und vergessen wir nicht, dass ist wichtig dies zu erwähnen, der Konflikt mit dem Iran, war das wesentliche Gesprächsthema dieses Besuches von Barack Obama, denn Israel, es ist ja kein Zufall, dass sein Aussenminister John Kerry jetzt auch noch ein paar Tage da bleiben wird, es geht um die Feinabstimmung im Umgang mit dem Iran. Die Israelis würden lieber gestern als heute gegen den Iran militärisch vorgehen um das dortige Atomprogramm auszuschalten, während die USA sagen, wir wollen noch ein bisschen Zeit investieren in Verhandlungen, aber im Kern kann man sagen, es läuft alles drauf hinaus, dass es irgendwann ein Showdown militärischer Art doch mit dem Iran geben könnte und die Hoffnung in den USA und Israel, dass man dieses Problem militärisch lösen könnte dürfte sich als Illusion erweisen. Es entsteht ja neuer Konflikt, der wirklich gefährlich ist und der die übrigen Konflikte zusätzlich beflügeln wird. Denn alles in der Region des Nahen- und Mittleren Ostens ist nicht isoliert zu betrachten. Das ist wie in einem System miteinander kommunizierenden Röhren, alles verbindet sich unterschwellig und wenn ich an einer Stelle den Druck erhöhe, dann springt das Wasser an der anderen Stelle hinaus und wenn es zu einem Krieg kommt gegen den Iran, dann wird die ganze Region explodieren. Wir sehen das in Syrien, diese Salamitaktik der westlichen Politik, die USA wollen nicht militärisch intervenieren, die Briten, Franzosen haben angekündigt, sie könnten sich vorstellen hier Alleingänge zu leisten, die Deutschen äussern sich auch in dieser Richtung. Kurzum: wir erleben möglicherweise bald eine Nato-Intervention in Syrien, zu mindestens indirekter Art, was dann wiederum natürlich die Gegenreaktion des Irans und von Russland auslösen wird und diese Konflikte, die gehen ineinander. Irgendwann wird es Israel und den USA nicht möglich sein alles militärisch unter Kontrolle zu halten, weil das Chaos in den Nachbarländern zu gross wird und bald islamistische Gegenkräfte zu stark werden und das alles ist sehr unerfreulich. Die westliche Politik müsste ein einziges Interesse haben in dieser Region: Die Konflikte zu befrieden, angefangen mit Israel und Palästina und vor allem einen vernünftigen Dialog mit dem Iran zu suchen, der darüber hinaus reicht, die Pistole auf die Brust zu setzen und zu sagen, ihr sollt dieses Programm idealerweise völlig einstellen. Das werden die Iraner auf gar kein Fall tun. Man hofft im Westen ein Regimewechsel durch die Sanktionen im Iran herbeiführen zu können. Das ist eine Illusion. Das wird nicht funktionieren. Im Gegenteil, es stärkt dieses Regime, weil es im Windschatten dieser Sanktion sich als Kämpfer gegen den Westen inszenieren kann, was der Opposition in Iran das Leben zusätzlich schwer macht.

8. B. S.: Also, eigentlich, wenn man zusammenfasst: Vier Jahre, in Obama bereits Präsident von den USA war, die sind eigentlich verlorene Jahre für diese Region.

8.1 M. L.: Das kann man in der Tat genauso zusammenfassen. Die USA haben es nicht vermocht, nicht gewollt, wie auch immer in diesem Konflikt die richtigen Akzente zu setzen und das recht sich bitter. Selbst George W. Bush, der sich überhaupt nicht interessiert hat für den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, der schlichtweg den Israelis grünes Licht gegeben hat zu tun, was sie zu tun belieben, hatte sich mehr engagiert auf diesem Gebiet als Barack Obama und dass ist wirklich erstaunlich, weil er ja nun ein kluger Mann ist, der auch sicherlich um die Probleme weiss. Es ist völlig klar, dass das was Israel dort anstellt völkerrechtswidrig ist. Es schein aber niemandem zu interessieren und das Ergebnis ist natürlich, dass in der Region, in der arabischen Welt, in der islamischen Welt der Glaube an die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht sehr hoch ist. Was für eine Demokratie ist das, fragen viele Araber, wenn sie darauf hinaus läuft, dass Unrecht legitimiert wird und das wiederum ist Wasser auf den Mühlen der islamischen Fundamentalisten. So greift wirklich alles ineinander und man muss hier wirklich der amerikanischen und der westlichen Politik bescheinigen, dass sie versagt hat. Israel wird dadurch einen hohen Preis bezahlen. Wir werden dadurch einen hohen Preis bezahlen. Kritik an Israel gilt gemeinhin als nicht wünschenswert. Als israelkritisch, potenziell als antisemitisch. Das ist ein Unsinn. Ich glaube man kann sehr wohl ein sehr guter Freund Israels sein und sich einsetzen für eine gesicherte Existenz Israels und gerade deswegen als Freund Israels muss man den Israelis sagen: Leute, ihr geht in eine politische Richtung, die eine Sackgasse ist, aus der ihr nicht herauskommt und ihr verliert eure moralische Überlegenheit gegenüber vielen in den Nachbarschaft wenn ihr Methoden anwendet, die eben mit dem Völkerrecht nicht zu vereinbaren sind und das ist schon etwas, was viele Freunde Israels umtreibt. Dass Israel seine Seele verliert, durch diese Besatzungspolitik, die zu einer Fron der Gesellschaft führt und eben zu einer Entrechtung eines anderen Volkes. Abschliessend sei noch gesagt, dass es ein Gesetzesentwurf gibt, der jetzt in Israel eingebracht werden soll, von den neuen Regierungskoalition, die gerade Anfang der Woche gebildet worden ist, demzufolge soll festgehalten werden, dass Israel in erster Linie ein jüdischer Staat sei und erst in zweiter Linie ein demokratischer. Es ist ein Versuch, die Einheiten der Besatzung der palästinensischen Gebieten zu legitimeren, indem man dem jüdischen Teil der Bevölkerung mehr Rechte gewährt als dem nicht-jüdischen Teil und das Ganze läuft dann, wenn man es so umsetzt, hinaus auf eine Apartheitspolitik. Es gibt jetzt die ersten Buslinien, die eingeführt worden sind im Westjordanland nur für Palästinenser. Die Palästinenser dürfen Busse, die von jüdischen Siedlern benützt werden, nicht mehr benützen. Sie haben jetzt ihre eigenen Linien. Und ich meine, gerade für Barack Obama, der nun die Geschichte seines eigenen Landes, die nun nicht so lange zurückliegt, gut kennt, müsste eigentlich wissen, wofür das für ein Symbol ist, wenn man Leute aufgrund ihrer ethnischen und religiösen Herkunft in bestimmte Buslinien verfrachtet. Das geht nicht, das ist eigentlich ein Fanal, aber es ändert sich leider nichts. Man kann als nüchterner Betrachter sich nur die Augen reiben und sich wundern. Es ist so, dass vernunftbegabte Menschen, offenbar nicht immer in der Lage sind, das wesentliche zu benennen und moralisch integer zu handeln. Lieber geht man immer tiefer hinein, in ein Wald, aus dem es dann kein Entrinnen gibt. Es führt zu einer Entrechtung, zu einer Entmenschlichung und das ist wirklich tragisch für Israel und für die Palästinenser.

*** Protestbriefe an: srf@srf.ch

P. S.: Siehe auch: https://etwasanderekritik.wordpress.com/2013/03/28/schweizer-radios-phantastische-antworten/

9 Gedanken zu “Michael Lüders’ phantastische Erzählungen am Schweizer Radio

  1. Pingback: Mr. Livingston meets Mr. Lüders - Great Minds Think Alike - Audiatur-Online

  2. Pingback: Ein Judenhasser im Schweizer Fernsehen | quotenqueen

  3. Herr Michael Lüders ist beileibe nicht der einzige Antisemit, im Sinne von Israel- und Judenhasser, der seine braune Gülle in der deutschsprachigen Presse verspritzt. Da gibt’s noch den dumpfbackigen Lügenliteraten Heiko Flottau, den Verlierer Reiner Bernstein, das neue Vorbild aller Hassjournalisten, den Neoantisemiten und Verleger Jakob Augstein. Ein weiterer Nobelantisemit ist der weltberühmte Experte und Liebhaber des Islam, Araber und aller Israelfeinde, der neue Lawrence von Arabien, Herr Dr. Arnold Hottinger.

  4. Lüders lügt so dummdreist, dass nicht einmal mehr die sprichwörtlichen Balken Lust verspüren sich zu biegen.
    Die angesprochenen Buslinien für Palästinenser sind nur ein Angebot für Pendler. Es gibt aber keinerlei Zwang zur Benutzung.

  5. Zu Michael Lüders hier noch eine Analyse zu einem Buch dieses Herrn der von Redakteurinnen und Redakteuren von SFR sehr geschätzt wird (von Dr. Matthias Küntzel):

    Michael Lüders und „die reichen New Yorker Juden“

    Wie der Nahostexperte den Irankonflikt erklärt · Von Matthias Küntzel

    Michael Lüders, der bei ARD, ZDF, RTL, SAT 1, 3sat, N24, n-tv, Spiegel-TV und sämtlichen ARD-Hörfunkanstalten als vielgefragter Interviewpartner agiert, präsentiert sich in seinem jüngsten Buch „Iran: Der falsche Krieg. Wie der Westen seine Zukunft verspielt“ (C.H. Beck-Verlag, München, Mai 2012) als Querdenker. Er stellt Gewissheiten in Frage, liefert unorthodoxe Argumente und etabliert im lockeren Erzählstil „Gegenöffentlichkeit“. Ein „exzellentes Buch“, schwärmt Franziska Augstein über den Band, der es bis in die TOP 50 der SPIEGEL-Bestsellerliste brachte. „Unbedingt lesenswert“ ruft uns auch Gemma Pörzgen im Deutschlandfunk zu.
    Ich habe es gelesen und halte es ebenfalls für preisverdächtig – allerdings in der Kategorie „Märchenbuch“.

    http://www.matthiaskuentzel.de/contents/michael-lueders-und-die-reichen-new-yorker-juden

  6. Dass die israelische Politik in Europa immer mehr isoliert wird, liegt an Menschen wie Michael Lüders, deren Verständnis für Terroristen um ein vielfaches größer ist, als für die Notlage eines demokratischen Staates, der den Gegnern im eigenen Land alle demokratischen Rechte zubilligt. Die Tausenden, die zu einem Boykott israelischer Waren aufrufen, glauben aus der Geschichte gelernt zu haben. Sie sind blind und erkennen nicht den Gleichklang zur national-sozialistischen Forderung: „Kauft nicht bei Juden.“

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