Zwangsgebühren für Antisemiten

Es gibt Krankenschwestern, die Patienten töten, Polizisten, die betrügen, und Juden, die sich antisemitisch äussern. Letztere sind besonders begehrt– zum Beispiel als Interviewpartner von SRF.

Yom Kippur, der höchste Feiertag des jüdischen Kalenders, fiel letztes Jahr auf Freitag, 29. September 2017. Just an diesem Tag hielten es die verantwortlichen Redaktoren der Sendung «Tagesgespräch» auf Radio SRF 1 und Radio SRF 4 News für angemessen, ein Interview mit Abraham Melzer zu senden, der «für seine antisemitischen Äusserungen regelrecht berüchtigt ist». Das Interview führte Marc Lehmann. Titel: «Israelkritik ist nicht Antisemitismus»

Dass Abraham Melzer «für seine antisemitischen Äusserungen regelrecht berüchtigt ist», sagt Dr. Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde. Diese Aussage erlangte Bekanntheit, weil sie mehrere Gerichtsverhandlungen nach sich zog und Medien darüber berichteten. In Deutschland haben Veranstalter Vorträge mit Melzer zurückgezogen, «weil in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten wird» und «palästinensischer Terror gerechtfertigt werde».

Es reichen wenige Artikel von Abraham Melzer aus, um zu erkennen, dass er fast kein antisemitisches Topos auslässt.

Wir gehen zu Gunsten von Marc Lehmann auch davon aus, dass er als Qualitätsjournalist sowohl über Yom Kippur, wie auch über Melzers berüchtigte antisemitische Äusserungen Bescheid weiss. Denn was sonst qualifizierte einen SRF-Redaktor ein Gespräch über Israel, das Judentum und Antisemitismus zu führen?

Nachdem wir SRF bereits Ende Oktober mündlich darauf aufmerksam machten, dass Melzer ein ungeeigneter Gesprächspartner ist, forderten wir Marc Lehmann aufgrund eines aktuellen Urteils des Landgerichts München zu einer schriftlichen Stellungnahme auf.
Das Gericht entschied, Melzers «Verhalten kann und darf ohne jeden Zweifel als antisemitisch beurteilt werden.» Siehe auch hier.

Wir wollten von SRF-Redaktor Marc Lehmann wissen, ob er Abraham Melzer erneut eine Plattform bieten würde, dazu stellten wir ihm sechs weitere Fragen. Diesen Brief sandten wir am 1. Februar per Mail gleichzeitig auch an seinen Vorgesetzten Fredy Gsteiger, Stellvertretender Chefredaktor Radio, sowie cc. an SRF-Ombudsmann Roger Blum.
Unmissverständlich wiesen wir darauf hin, dass die Antworten veröffentlicht werden.
Siehe hier der ganze Brief: Brief-an-SRF-bzgl. A. Melzer

Die Antwort von Fredy Gsteiger, Stellvertretender Chefredaktor Radio, hinterliess uns fassungslos. Deshalb hakten wir nach, ob er sicher sei, dass er mit dieser Stellungnahme an die Öffentlichkeit treten möchte. SRF-Mann Fredy Gsteiger fühlte sich durch unsere publizistische Anfrage, die notabene an Marc Lehmann gerichtet war, bedroht.

Unsere Aufgabe ist, die Öffentlichkeit über die Fehlleistungen in der Israel-Berichterstattung von SRF und anderen Medien in Kenntnis zu setzen. Wir haben SRF Fragen gestellt. Wir haben SRF unmissverständlich darauf hingewiesen, dass wir ihre Antworten veröffentlichen werden. Wir haben dabei viel über die Kritikfähigkeit von SRF und sein Verständnis von Journalismus gelernt.

Ob man bei SRF überfordert ist oder einfach nur überheblich, das zu beurteilen ist nicht unsere Aufgabe. Dafür gibt es Experten.

Aber es dürften sich auch SRF-Konsumenten, die dem Sender positiv gesinnt sind, fragen, ob es nicht doch klüger wäre, ihm den Geldhahn zuzudrehen. Zwangsgebühren für Antisemiten aufzuwenden, ist ungebührlich!

***

Hier die Stellungnahme von Fredy Gsteiger und unsere Antwort dazu: 

Sehr geehrter Herr Gsteiger

Mit dieser Mail beziehe ich mich auf Ihre Schreiben vom 01.02.2018, 17:13 und gleichentags um 18:41h.

Bitte finden Sie meine Antworten in Rot (kursiv) angefügt an Ihre Stellungnahmen:

«ich pflege mit zeitlichen Ultimaten versehene Anfragen («…bis zum 5. Februar…») zu ignorieren. Da wir uns kennen, mache ich aber in Ihrem Fall eine Ausnahme.»

 Ich schreibe Ihnen, Herr Gsteiger, Herrn Lehmann und Herrn Blum, nicht zum Plausch.

Mein Engagement gilt meinem Blog mit den Schwerpunkthemen Israel und Antisemitismus – unter besonderer Berücksichtigung der Medienberichterstattung – sowie dem Verein Freundschaft Schweiz-Israel. Unmissverständlich habe ich die Adressaten meines Briefes vom 01.02.2018, 08:20 Uhr darauf hingewiesen, dass ich ihre Antworten veröffentlichen werde. Es entspricht den journalistischen Gepflogenheiten einen fairen Zeitrahmen festzulegen. Bleibt die Antwort aus, hakt man telephonisch nach und wenn auch dies erfolglos bleibt, dann ist es Usus im Artikel zu erwähnen, dass «XY für eine Stellungnahme nicht erreichbar war». Es mag sein, dass SRF-Mitarbeiter beim Einholen von Stellungnahmen „ein Ultimatum“ setzen, wie Sie sagen. Hier handelt es sich jedoch um die Bitte um Antwort innert fünf (!) Tagen.

Ihr gönnerhafter, paternalistischer Tonfall steht Ihnen übrigens sehr schlecht, Herr Gsteiger. Das „sich kennen“ beschränkt sich auf eine Sitzung mit einem Dutzend anderer Personen.

«Allerdings frage ich mich, wie sinnvoll es ist, das «Tagesgespräch» mit Herrn Melzer erneut zu thematisieren. Es war ja bereits Gegenstand der Aussprache vom 26. Oktober 2017, zu der Ombudsmann Roger Blum eingeladen hatte.»

Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf über die Sinnhaftigkeit meiner Arbeit, Herr Gsteiger. Ich habe Herrn Lehmann um eine öffentliche Stellungnahme gebeten, weil ich den Fall Melzer – nicht zuletzt aufgrund des aktuellen Urteils – publik machen möchte.

«Es handelte sich zwar keineswegs um Absicht unsererseits und war auch nicht als unser Beitrag zu Yom Kippur gedacht. Vielmehr war der zuständigen Redaktion gar nicht bewusst, dass an diesem Tag einer der höchsten oder gar der höchste jüdische Feiertage begangen wurde.»

Wenn Herr Marc Lehmann tatsächlich dermassen ungebildet wäre, dass er nicht mal Yom Kippur kennt, was qualifizierte ihn dann, ein Interview über Israel, das Judentum und Antisemitismus zu führen?

 «Aber es war falsch, das Gespräch an dem Tag auszustrahlen, weil es Juden in ihren Gefühlen verletzen konnte.»

An welchem Tag ist es denn richtig, ein Gespräch mit einem Antisemiten zu führen und Juden in ihren Gefühlen zu verletzen?

«Hingegen halte ich es nicht für unsere Aufgabe als Journalisten, abschliessend zu beurteilen, ob jemand als Antisemit zu bezeichnen ist oder nicht. Das überlassen wir Experten, die sich weitaus intensiver mit der Materie beschäftigen.»

Danke für Ihre Offenheit. Dieser Abschnitt zeigt die ganze Erbärmlichkeit des SRF-Verständnisses von Journalismus auf.

 Da Sie es nicht als Aufgabe von Journalisten betrachten, abschliessend zu beurteilen, ob jemand als Antisemit zu bezeichnen ist oder nicht, haben Sie offenbar auch kein Problem damit, Antisemiten einzuladen.

Unzweifelhaft fühlen Sie sich jedoch befähigt, die Kompetenz von Antisemitismus-Experten zu beurteilen, weshalb Sie die Expertise von Frau Dr. Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, ignorieren. Ein gerne gesehener Gast auf SRF ist hingegen der «Experte» Michael Lüders: https://etwasanderekritik.wordpress.com/?s=Michael+L%C3%BCders+

«Es ist für uns in diesem Fall umso schwieriger, als auch bisherige Gerichtsurteile aus Deutschland – die Sie lediglich in jenen Auszügen zitieren, die Ihre Argumentation stützen – ein widersprüchliches Bild ergeben, indem Abraham Melzer zum Teil Recht gegeben wird, zum Teil aber auch seinen Gegnern.»

Wenn Sie im Zweifel sind, weshalb entscheiden Sie sich dann dafür, einen antisemitischen Israelkritiker einzuladen, der bescheinigt, dass Israelkritik kein Antisemitismus sei?

«Entscheidend ist aber, dass jemand, der derart umstrittene Ansichten vertritt, nicht einfach ein Plattform erhält, auf der er unwidersprochen alles Erdenkliche äussern kann.»

Sie machen einen Denkfehler, Herr Gsteiger. Sie verwechseln umstrittene Ansichten mit lupenreinem Antisemitismus.

Wir haben deshalb das «Tagesgespräch» mit Melzer ausnahmsweise aufgezeichnet, damit es vor der Ausstrahlung noch von einem Vertreter der Chefredaktion abgehört werden konnte.

Kollektives Versagen also! Glückwunsch! So viel Inkompetenz zu versammeln – das muss man auch erst mal schaffen!

Umso eine Live-Situation zu vermeiden, bei der Gesagtes gesagt bleibt. Und vor allem hat Interviewer Marc Lehmann die Äusserungen von Melzer immer wieder mit kritischen Gegenfragen aufgefangen.

Herr Gsteiger, welchen Teil des Satzes «Abraham Melzer ist berüchtigt für seine antisemitischen Aussagen» haben Sie nicht verstanden?

SRF hat dem Antisemiten Abraham Melzer eine Plattform eingeräumt (die ihm anständige Organisationen verwehren), damit dieser seine wirren Gedanken unters Volk bringen kann. Und diese stossen bei den SRF-Hörern auch auf fruchtbaren Boden.

Der Sieger nach Punkten heisst Abraham Melzer.

Radio SRF ist keineswegs das einzige Medium, bei dem Melzer auftreten konnte und kann. Um nur ein Beispiel zu nennen: Im «Deutschlandfunk» kam er gar mehrfach zu Wort, zunächst als Mitglied einer Gesprächsrunde Ende 2017 und erneut mit seinem Buch Anfang 2018. (…)

Dafür gibt es einen Ausdruck: Lemming-Journalismus.

SRF ist sich offenbar nicht zu schade dafür.

 Und nun noch zu Ihrer letzten Mail:

«diese Aussage, bzw Androhung empfinde ich als Frechheit und als Missbrauch einer Dialogform. Eine Korrespondenz ist nach meinem Dafürhalten und meiner Kinderstube grundsätzlich ein möglichst freimütiger Austausch zwischen zwei Personen.»

Ihr Verstand ist offenbar von Ihren persönlichen Empfindsamkeiten getrübt. 

Mein Brief mit der Bitte um Antwort war an drei Leute adressiert: an SRF-Redaktor Marc Lehmann, an Sie als Vorgesetzter und Stellvertretender Chefredaktor Radio und an SRF-Ombudsmann Roger Blum. Die „zwei Personen“ existieren nur in Ihrer Phantasie.

Ich schreibe nicht zum Pläuschlen. Ich bin, wie Sie wissen, Betreiberin eines Blogs, publiziere zu den Schwerpunkthemen Israel und Antisemitismus unter besonderer Berücksichtigung der Medienberichterstattung und ich engagiere mich für den Verein Freundschaft Schweiz-Israel.

Nochmals: Unmissverständlich habe ich transparent darauf hingewiesen, dass ich die Antworten öffentlich machen werde.

«Will man etwas anderes, tauscht man sich in Leserbriefforen oder offenen Dialogplattformen aus. Ich gehe davon aus, dass Sie das respektieren.»

Wieso gehen Sie nicht mit gutem Beispiel voran, Herr Gsteiger, und respektieren meine Arbeit? Sie verwechseln nämlich die Rollen. Meine Aufgabe ist, die Öffentlichkeit über die Fehlleistungen in der Israel-Berichterstattung von SRF (und anderen Medien) in Kenntnis zu setzen. Sie haben die faire Chance erhalten, eine Stellungnahme zum Fall Abraham Melzer abzugeben. Sie haben sie vermasselt. Ob aus Überforderung oder weil Sie sich für so überlegen halten, das zu beurteilen ist nicht meine Aufgabe. Dafür gibt es Experten.

 Mit freundlichen Grüssen

Dani Brandt

cc. Roger Blum, Marc Lehmann

Als PDF:

1. Antwort Fredy Gsteiger_1

2. Antwort an Gsteiger_2

 

 

 

 

 

9 Gedanken zu “Zwangsgebühren für Antisemiten

      • Liebe Miriam Dominique, haben Sie vielen Dank für Ihren Hinweis auf den Flüchtigkeitsfehler. Möchten Sie sich auch noch zur Sache äussern oder lassen Sie es dabei bewenden?

        • Miriam Dominique möchte sich zur Sache nicht äussern, da sie davon vermutlich nichts versteht. Dafür ist sie stark in Rechtschreibung und Grammatik, das ist auch sehr hilfreich.

      • Liebe Frau Miriam Dominique, mir sind Leute die hin und wieder einen Schreibfehler machen zehnmal lieber, als Antisemiten. Und SRF zeigt an dem Briefwechsel oben deutlich,: Im Grossen und Ganzen zeigt die Crew von SRF eine Arroganz die sich gewaschen hat. nach dem Motto: „Der liebe Gott weiss alles, aber SRF weiss es besser.“ Darum Ja zu No- Bilag

      • Und Zeitungsredaktoren der DRS die ihr eigenes tiefes Antisemitismus hinter der Einladungen der Judenhasser veranstalten.
        Braune Farbe DRS Hitler hat kein Krieg gewonnen nur 20 Milionnen Menschen umgebracht, ist dass ihr Vorbild Herr DRS Redaktor.

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