Die Welt ist ein Geschäft, Mister Beale!

David Klein David Klein

«Es gibt keine Nationen! Es gibt keine Völker! Es gibt keine Dritte Welt, keinen Westen! Es gibt nur ein holistisches System der Systeme. Eine gigantische, übermächtige, verflochtene, interagierende, multivariable, multinationale Oberherrschaft des Geldes.

Ölgeld, Stromgeld, Dollars, Rubel, Pfund, Franken und Kronen. Dieses internationale Währungssystem bestimmt das gesamte Leben auf unserem Planeten. Das ist die natürliche Ordnung der Dinge heutzutage! Es ist die atomare, subatomare und galaktische Struktur der Dinge!

Es gibt keine Länder! Es gibt keine Demokratie! Es gibt nur IBM und ITT, AT&T und Dupont, Dow, Union Carbide und Exxon. Das sind heutzutage die Nationen unserer Erde. Die Welt besteht aus einer Gruppe von Konzernen. Sie unterliegt unwandelbaren, unverrückbaren Gesetzen der Wirtschaft. Die Welt ist ein Geschäft, Mister Beale!

Das war so, seit der Mensch aus dem Urschlamm gekrochen ist. Unsere Kinder werden sie erleben: Die perfekte Welt, in der es weder Krieg noch Hungersnot gibt, weder Unterdrückung noch Brutalität. Eine riesige ökumenische Holdinggesellschaft, von der alle Menschen Aktienanteile besitzen und in der alle einen gemeinsamen Profit erwirtschaften. Sämtliche Bedürfnisse sind befriedigt, alle Ängste besänftig, unsere Nöte gelindert und die Langeweile vertrieben.»

 

Zynisches Weltbild

Es ist nicht zuletzt dieses zynische Weltbild des Wirtschaftsmagnaten Arthur Jensen aus Sidney Lumets visionärem Meisterwerk Network von 1976, über den langjährigen Nachrichtensprecher Howard Beale, der nach seiner Kündigung den Verstand verliert, welches die Initiative «Pro Service Public» anprangerte. 2016 hat uns Jensens düstere Vision nicht nur längst eingeholt, sondern übertrifft sich in ihrer inhärenten Verkommenheit permanent selbst.

Die Tirade des Industriellen Jensen ist eine schonungslose Demaskierung unserer scheinbar sozialen Marktwirtschaft. Wer dachte, unsere Wirtschaftsunternehmen wären in etwas eingebettet, das einer Demokratie auch nur im Entferntesten gleicht, wird hier eines Besseren belehrt.

Politiker belügen und betrügen als willfährige Handlanger der Wirtschaft (deren Verwaltungsräte sie nach Beendigung ihrer politischen Laufbahn bevölkern) ihre Wähler.

Banken, die mit kriminellen Machenschaften unzählige Anleger um ihr Geld gebracht haben, werden mit Milliardenhilfen gerettet, während die «Weltgemeinschaft» sich ausserstande sieht, die durchaus überschaubaren finanziellen Mittel für die Beendigung des Welthungerproblems bereitzustellen.

Für EU-Staaten, die von ihren korrupten Regierungen und dem aus narzisstischer Selbstherrlichkeit geborenen, von Anfang an zum Scheitern verurteilten, feuchten Traum zweier alternder Regierungschefs von einer europäischen Währungsunion, an den Rand des Bankrotts getrieben wurden, werden exorbitante «Rettungsschirme» aufgespannt, für die letztendlich der Steuerzahler geradestehen muss.

Die Luft, die wir atmen, ist verpestet, unser Essen vergiftet mit gesundheitsschädlichen Zusatzstoffen.

Bildung und Kultur geraten zusehends ins Hintertreffen.

Adäquate Kindererziehung und -betreuung ist nicht mehr gewährleistet, da Eltern aufgrund der Gewinnmaximierungsparolen der Arbeitgeber keine Zeit mehr für ihre Kinder haben und trotz eines 100 prozentigen Arbeitspensums ihre Existenz oft nicht sichern können.

Konsumentenfeindliche Politiker

Doch selbst der unverhohlene Schulterschluss von Politik und Wirtschaft brachte das Schweizer Stimmvieh, äh, -volk nicht dazu, die Initiative «Pro Service Public» anzunehmen. Vorbei die Zeiten, als Thomas Minder mit seinen Argumenten zum «Volch» durchdringen konnte.

Bezeichnenderweise waren es just die Schweizer Politiker, die laut dem unabhängigen Konsumentenmagazin Saldo kontinuierlich konsumentenfeindlich abstimmen, die auch Minders «Abzocker-Initiative» bekämpften.

So fanden sich im überparteilichen Komitee «Minder-Initiative NEIN» Namen wie Ivo Bischofberger, Karin Keller-Suter und Alex Kuprecht, die gegen die Rückzahlung zu viel kassierter KK-Prämien stimmten. Peter Bieri, Hans Hess, René Imoberdorf, Claude Janiak, This Jenny und Georges Theiler stimmten gegen eine Höchstgrenze bei Roaming-Tarifen. Tarife, die EU-Kommissarin Viviane Reding wörtlich als «Abzockerei» bezeichnete.

Stinksauer

Im Verlauf von Network avanciert Beale, der ankündigt, sich in seiner letzten Nachrichtensendung vor laufender Kamera zu erschiessen, zu einem wahnhaften, zeternden TV-Propheten, der sein Publikum mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert. Ein zorniger Querulant (heute würde man ihn vermutlich als «Wutbürger» bezeichnen), der seinem Sender jedoch Traumquoten beschert.

In einer Schlüsselszene fordert Beale die TV-Zuschauer auf, ihrer Unzufriedenheit Luft zu machen: «Öffnet eure Fenster und lasst die ganze Welt wissen: Wir sind stinksauer! Wir lassen uns das nicht länger gefallen!» Im Film reissen die Zuschauer ihre Fenster auf, brüllen ihren Frust tausendfach in die Nacht hinaus und verhindern mit dieser medienwirksamen Aktion einen fragwürdigen Deal mit einem arabischen Ölmulti.

Nicht so auf der Hochpreisinsel der bundesratshörigen Glücksdusseligen. Zu gross war die von den Gegnern der Initiative mit vielen Millionen, unlauteren Lügen und gezielter Desinformation geschürte Angst vor dem vermeintlichen Verlust der Lebensqualität der wohlstandsgesättigten Eidgenossen. Die Schweizer Fenster blieben geschlossen.

3 Gedanken zu “Die Welt ist ein Geschäft, Mister Beale!

  1. Interessante Erkenntnisse – Chapeau!

    Diese Veränderungen wurden – genau genommen – am 25.12.2012 mit der Zwangsvollstreckung aller Länder, aller Regierungen und staatlichen Institutionen ratifiziert. Da dem seinerzeit niemand widersprochen hat, hat sich einiges grundlegend verändert. Staat und Bürger befinden sich nun wieder auf Augenhöhe. Will er etwas vom Bürger, kann er ihm ein Angebot machen, worauf der Angesprochene eintreten oder dieses Ablehnen kann. Es gilt Handelsrecht.

    Findige Köpfe haben nun herausgefunden, dass es an der Zeit ist, die schwer verfilzte Justiz gründlich zu hinterfragen. Dabei ist der internationale Gerichtshof für Menschenrechte entstanden.

    Es lohnt sich, die Sache etwas genauer zu betrachten – überzeugen Sie sich selbst: http://www.iccjv.org könnte vieles wieder auf menschenfreundliche Art und Weise zurechtrücken, der
    mensch josef aus der Familie rutz mit http://www.rutzkinder.ch

  2. Lieber Pirmin

    Es ist immer ein Vergnügen, Deine fundierten Kommentare zu lesen :-).

    Ich wollte die Initiative und die Gründe für ihr Scheitern gar nicht im Detail analysieren. Denn ich bin überzeugt, dass es schlicht und ergreifend Desinformation, Unverständlichkeit und Angst waren, die die Initiative «bachab» geschickt haben.

    Ich hatte nach der zweiten Arena mit Salvisberg telefoniert und ihm versucht zu erklären, dass die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz das Anliegen und den Inhalt der Initiative nicht ausreichend verstehen. Ich wollte ihm begreiflich machen, dass er die Bevölkerung mit klar verständlichen Worten (so sagte ich es wörtlich) aufklären müsse, dass sie bei Annahme der Initiative keine Angst vor Lohnkürzungen, Leistungsabbau und Verlust des Lebensstandards zu haben brauchen.

    Er war aber der Ansicht, sie hätten alles richtig gemacht. Das ist ihm nicht vorzuwerfen, er war so in der Materie drin, dass er den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sah.

    Ich war daher nicht überrascht, als Mitinitiant Matteo Cheda auf SRF sagte: «Wenn wir es nochmals versuchen, müssen wir den Text nicht nur für die Bundesverfassung machen, sondern auch für den Abstimmungskampf. Das heisst, der Text muss für den Konsumenten klar verständlicher sein.» Voilà!

    http://www.srf.ch/play/tv/news-clip/video/selbstkritik-bei-matteo-cheda-initiant-service-public-initiative?id=5774d742-0687-42b5-8cfb-e2495f4ea356

    Network habe ich zitiert, weil die Initianten wohl nicht mit der Unredlichkeit und dem Fehlen jeglicher Moral und Ethik seitens des Bundesrats, Parlaments, Parteien, Verbände etc. gerechnet hatten. Deshalb für’s nächste Mal: Schaut Euch nochmals Arthur Jensens Tirade an, dann seid Ihr gewappnet.

  3. Gerade weil David Klein in der grossen Richtung in vielem recht haben mag, mit dem Film Network ein sehr bedenkenswertes „Modell“ zitiert, hätte ich mir eine differenziertere Analyse der ursprünglich vielversprechenden Service-Publik-Initiative gewünscht.

    Selber habe ich mich vor Jahren für die an der Urne erfolgreiche Abzockerinitiative engagiert, sogar zwischenzeitlich ein Buch zur Geschichte dieser Initiative und des Initianten geschrieben, das aus Gründen, die hier nicht zu erörtern sind, nicht erscheinen kann und darf. Mir scheint, dass Kleins generelle Wut über ein missratenes Projekt, das ungenügend aufgegleist war, über ein breites Feindbildbekenntnis hinaus nicht zielführend ist. Im Grunde müsste man Schritt für Schritt, ev. mit kleinen Aktionen auf lokaler Ebene, dies und jenes besser zu machen versuchen. Natürlich ist es richtig, sich von keinem Mainstream beeinflussen zu lassen. Aber hat man deswegen schon recht, wenn man auf diese fundamentalistische Weise das Böse nennt und bekennt? Zudem führt einen eine Polemik, die sich überschlägt, in die Isolation.

    Noch allgemein zu dieser Seite, jetzt nicht auf diesen Artikel bezogen: die Bezeichnung des Tagesanzeigers als „Alpenstürmer“ ermöglicht gerade nicht eine demokratische Debatte und die Denunzierung einer der einflusslosesten Politikerinnen der Schweiz zur Antisemitin bringt auch nichts. Besser hätte man die Schweizer Parlamentarier, die nach Israel gereist sind, über ihre Eindrücke befragt. Auch wäre wohl mal zu analysieren, wie weit ein offenbar falsches Verständnis von Holocaust und Shoa derzeit zu einer völlig verantwortungslosen Politik der offenen Grenzen beiträgt, und auf welche Weise eine unverantwortliche Globalisierung offenbar davon ausgeht, als seien Volksmassen jeweils beliebig austauschbar. „Liberal was sonst?“ wäre sodann eine Auseinandersetzung etwa mit dem Gedankengut von Milton Friedman, der davon ausging, dass von zwei Gegebenheiten nur eine praktizierbar sei, nämlich entweder der exzessive Sozialstaat oder dann die Personenfreizügigkeit.

    Auch eine solche Analyse hätte mit Globalisierungskritik zu tun, die, wie gesagt, im Ansatz bei David Klein nicht von grundsätzlich falschen Perspektiven ausgeht.

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